DER FCG
Mit Raubein Alfred & Haudegen Otto

Haudegen Otto - was die Spieler erwaret

Haudegen Otto, mit seinen knappen 1,90 Metern, hat früher seinen Worten nach als „bester Mittelläufer aller Zeiten“, hinten alles heraus geköpft, was so ging. An ihm kamen wenige Gegner vorbei. Und wenn doch, dann auf jeden Fall kein zweites Mal. Meist waren seine Aktionen fair, aber wenn er dann doch mal zu spät kam, dann hatte es auf die Knochen gegeben. Oder wie er es nennt: dann hat der Gegner ordentlich gesungen.

Das wollte man als Stürmer unbedingt verhindern. Darum war Otto im Bezirk stets gefürchtet. Nach seiner Fußballerkarriere begann seine aktive Bierkarriere. Diese hatte er sich während seiner aktiven Fußballerlaufbahn schon aufgebaut. Sein komplettes Leben hat er König Fußball untergeordnet. Otto ist mittlerweile Platzwart auf der Anlage des FCG.

Im Umfeld waren auch alle froh, dass er dies machte, schließlich musste sich einer darum kümmern, dass der Sportplatz in Schuss blieb. Ersatz für ihn wäre in diesem Fall nicht so leicht zu finden. Proportional zur Bieranzahl steigt bei ihm die Qualität seiner Zwischenrufe während der Spiele. Angefangen von „Schiri, Abseits“ wandelte dies sich nach und nach zu „Mensch Schiri, damit du das Abseits siehst, musst du schon den Mittelkreis verlassen“ oder „Mensch Schiri, das Foul hat doch jede(r) hier gesehen. Das gibt es doch gar nicht“. Angefügt wird hierzu oftmals die Aussage: „Was kannst du eigentlich?“.

Schon früher war der Schiedsrichter nicht sein bester Freund. Seine raue Art auf dem Platz ließ dem Schiedsrichter selten einen Ermessensspielraum, denn brutale Grätschen, halbhoch auf Kniehöhe und von hinten, ergeben nun einmal ein Foul. Damit konnte Otto sich aber nie abfinden, obwohl sie bei ihm an der Tagesordnung waren. Schließlich waren die Zweikämpfe seines Erachtens immer fair. Am Ende war immer der Schiri Schuld. Und heutzutage, wie eben erwähnt, ist der Schuldige bei Niederlagen gleich geblieben.

Otto strahlte mit seiner Körpergröße eine riesige Autorität aus und er ließ sich nur von einem ausgewählten Kreis etwas sagen. Er würde sich sicherlich gut auch als Trainer machen, doch benötigte man als Trainer gewisse soziale Kompetenzen. Im Umgang mit seinen Mitmenschen hatte er da gewisse Schwächen.

Diese wurden weder von seiner dezenten cholerischen Ader unterdrückt, noch von seinem herrischen Umgangston. Dies hatte sich vor ein paar Jahren gezeigt, als er sich ein Jahr lang als Trainer versuchte, zwar nur im Jugendbereich, aber das hatte gereicht. Die Eltern liefen nach einem Jahr Sturm gegen ihn, da er sich innerhalb von wenigen Monaten den Spitznamen „Mr. Gnadenlos“ eingehandelt hatte. In der E-Jugend versteht sich.

Die Lieblingstugenden von Otto, Aggressivität, Zielstrebigkeit und Kampf, werden heute oftmals vermisst, dachte er sich und entwickelte ein Training, welches die Kinder aus der 3. Schulklasse vermutlich nie wieder sehen und vergessen werden. Kondition, Kondition und noch einmal Kondition. Das war das Markenzeichen des Trainings. Als sich dann nach dem Training einer der Spieler übergeben musste und beinahe bewusstlos rumtaumelte, liefen die Eltern Sturm.

Der Erfolg gab ihm aber recht. Aus einer weniger begabten Truppe hatte er ein kämpferisches tolles Team entwickelt, welches am Ende unverhofft Meister wurde. Trotzdem war nach dieser Saison Schluss, da die Eltern sich weigerten, den Kindern dieses brutale Training noch einmal anzutun. Haudegen Otto ließ sich dies nicht gefallen und hob in seinem rauen Ton die verweichlichte Jugend hervor, die ja nichts mehr aushalten würde.

„Früher, da hätte man ohne Murren weiter gemacht“, merkte er bei einer Mutter an, die sich als 1,65 Meter großer Kampfzwerg entpuppte und Haudegen Otto die Leviten lesen wollte. Obwohl er damals für die kommende Saison schon zugesagt hatte, musste der Abteilungsleiter ihm erklären, dass die Eltern sich gegen ihn ausgesprochen hatten.

Nun ja, Haudegen Otto trug es mit Fassung, lächelte und gab nur zwei Wörter preis: „Meisterschaft ade“. Dabei grinste er über beide Backen und winkte mit seiner rechten Hand. Und er sollte recht behalten. Sang- und klanglos ging sein ehemaliges Team in der höheren Liga unter und wurde regelrecht an die Wand gespielt. Haudegen Otto, der alle Spiele seines ehemaligen Jugendteams verfolgte, war sich sicher, dass dies unter ihm nicht passiert wäre. Aber man wollte ja nicht auf ihn hören und stellt sich lieber hinter die Mütter der Kinder, die größtenteils keine Ahnung von Fußball hatten. Wenn man ihn heute noch darauf ansprach, war er diesbezüglich gleich „auf 180“.

Vor allem dem Jugendleiter machte er damals große Vorwürfe. Aber so war es nun einmal. Kann ja nicht jeder Meister werden, dachte er sich dann immer. Übrigens: nach fast jedem verlorenen Spiel der E-Jugend ist er zum 1,65-Meter-Kampfzwerg hingelaufen und fragte, ob verlieren besser sei als ein hartes Training unter der Woche. Dies hat ihm fast eine Schlägerei mit deren Ehemann eingebracht, der plötzlich neben seiner Frau stand.